06.10.2024 | Adressiert an die Rundfunkkommision der Länder

Die im Entwurf sichtbaren Tendenzen zur Reform des öffentlich-rechtlichen Mediensystems begrüße ich grundsätzlich. Viele der neuen Punkte entsprechen Forderungen und Ideen, die ich selbst seit Jahren vertrete. Das betrifft Interaktionsmöglichkeiten in non-linearen Angeboten, kontinuierliche Dialoge mit der gesamten Öffentlichkeit, den Abbau linearer Verbreitungskanäle und generell von Doppelstrukturen, auch die Deckelung der Sportkosten, sowie den Aufbau einer gemeinsamen technischen Plattform für alle non-linearen Angebote. Auch die kontinuierliche Legitimation der Arbeit im Sinne der Erfüllung der gesetzlichen Aufträge und die Einrichtung einer externen Begutachtungsinstanz (»Leistungsanalyse«, »Medienrat«) entsprechen Vorschlägen, die ich schon mehrfach öffentlich geäußert habe.

Allerdings gibt es im Entwurf eine Reihe von Halbheiten und Entscheidungen, die für mich den positiven Eindruck trüben. Im meiner Stellungnahme [PDF] konzentriere ich mich auf vier Punkte:

1. die nun vorgeschriebene qualitative und quantitative Leistungsanalyse, die ein schwacher Abglanz des Public-Value-Konzepts ist;

2. die Einrichtung eines Medienrats bzw. das Konzept, wie er zusammengesetzt werden soll;

3. das Verfahren der Reduktion linearer Kanäle – die Medienpolitik traut sich nicht, klare Entscheidungen selbst zu treffen;

4. das Verbot der »Presseähnlichkeit« – ein Fliegender Holländer der deutschen Medienpolitik.

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10.09.2024
Was dürfen wir über den sogenannten Globalen Süden wissen?
Im öffentlich-rechtlichen Fernsehen dominieren die Elite-Nationen.

Das Problem: Eine Reihe von quantitativen Studien stellt immer wieder fest, dass es im öffentlich-rechtlichen Fernsehen nur eine sehr geringe Zahl von Berichten über Länder des „Globalen Südens“ gibt, in denen ca. 80 Prozent der Weltbevölkerung leben. Die größten humanitären Katastrophen, die verlustreichsten Kriege der letzten Jahrzehnte wurden kaum berücksichtigt, so dass sie und viele globale Probleme und Bedrohungen nicht zu Gegenständen der privaten und öffentlichen Meinungsbildung werden können.

Eine neugegründete Initiative macht auf diesen Sachverhalt aufmerksam und sucht weitere Unterstützer.

Ihr Positionspapier kann hier abgerufen werden.

Die qualitative Seite bleibt dabei bislang unberücksichtigt. Auch wenn die Anzahl der Berichte nicht die Bedeutung der Weltregionen des Globalen Südens widerspiegelt, es gibt solche Berichte, dazu Dokumentationen und Filme (auch fiktionale). Nun ist eine Studie in Planung, die ermitteln soll, welche Perspektiven diese Produktionen prägen. Es geht einerseits um die Schwerpunkte und Orientierungen der Autorinnen, Autoren und Berichterstatter, andererseits um die erkennbaren Positionen und Denkweisen der Protagonisten ihrer Beiträge. Ganz wesentlich ist dabei die Frage nach der Kontextualisierung der Positionen durch die Analyse von Hintergründen, durch Erläuterungen von historischen und örtlichen Umständen des aktuellen Geschehens oder von aktuellen Äußerungen. Vielfalt im Sinne des Rundfunkauftrags betrifft auch die Vermittlung von Werthaltungen und Verhaltensmustern in jeder Lebenssphäre der Gesellschaften des Globalen Südens, in Politik, Ökonomie und Kultur.

Ein Exposé dieser Studie kann hier abgerufen werden.

Berichte

01.12.2023 | Keynote auf einer Veranstaltung der DAfF zur Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien. Auch hier eingebunden und als PDF abrufbar, sowie als Youtube-Video:

Auf der langen Bank – Die Wende zu Qualität und Vielfalt lässt auf sich warten

Verehrte An- und Abwesende, ich gebe gerne zu, aus dem Titel meines kurzen Vortrags sprechen Ungeduld und Frustration. Durch das Buch, das hier vorgestellt und gleich anschließend diskutiert wird, ziehen sich diese Empfindungen ebenfalls. Ich werde versuchen, exemplarisch einige Elemente des Ungenügens an der Situation der öffentlich-rechtlichen Medien zu benennen.

Warum bedarf es einer Wende? Die Rundfunkmedien unterliegen derzeit auch ohne regulatorische Eingriffe einem grundlegenden Wandel, weil sie in der evolvierenden digitalen Medienwelt neue und immer weniger dominante Plätze zugewiesen bekommen. Wir erleben, dass die Produkte der Massenmedien mehr und mehr zu Komponenten von interaktiven Kommunikationsmedien werden. Die Rundfunkgesetze und der Medienstaatsvertrag reflektieren die dramatischen Umwälzungen der Medienwelt nicht ausreichend: den Einbruch der globalen Video- und Audioanbieter in alle nationalen Märkte, die extensive Nutzung auch wiederum global funktionierender Kommunikationsplattformen, die Vervielfachung und Mobilisierung der Nutzungsmöglichkeiten sowie die damit einhergehende Fragmentierung der Nutzungsformen von Medieninhalten.

Weiterlesen Auf der langen Bank

Berichte

07.11.2023 | In dem von Thorolf Lipp und Dieter Wiedemann herausgegebenen und gerade jetzt erschienenen Band: Medienzukunft 2025. Wie kann Vielfalt gelingen? sind zwei Beiträge von mir:

  1. Ende der Scheingefechte. Zeit für umfassende Reformen.
  2. Public Value. Entwicklung von Qualitätskriterien für Systemmerkmale öffentlich-rechtlicher Medien.

Das ganze Buch steht als Open Access-Produkt zum Download zur Verfügung.

Berichte

02.06.2023 | Geschrieben für epd Medien, übernommen von Turi2. Die Welt und andere berichteten sofort – auf die Stichworte Rundfunkbeitrag, Tatort, Tagesschau reagiert die Öffentlichkeit nach wie vor reflexartig. Der Beitrag setzt sich von den gängigen Inhaltsanalysen ab, die nach extrahierbaren Merkmalen (»Themen«, Namen, Orte) graben und diese abzählen. Es geht stattdessen um die Analyse der Form des nach wie vor vielgesehenen und als vertrauenswürdig erachteten deutschen Nachrichtenprodukts. Resultat: Die Tagesschau ist ein sedierendes Pharmakon, sie formatiert alle von ihr ausgewählten und kreierten »Ereignisse« so, dass für die Rezipienten die Welt immer wieder im vertrauten Licht erscheint. Und nun zum Wetter …

Berichte

15.04.2023 | Die Konrad-Adenauer-Stiftung veranstaltete ein dreitägiges Seminar »Der deutsche öffentlich-rechtliche Rundfunk im Legitimierungszwang«. Mein Vortrag gab fragmentarisch Antworten auf die Fragen, warum Veränderungen des öffentlich-rechtlichen Mediensystems notwendig sind, welche Veränderungen das sein müssten, was in diesem Zusammenhang Public Value bedeuten müsste, wer die Transformatoren sein können – und welche Reformvorschläge Wirkung erzielen könnten.

Hier als PDF.

Berichte

23.12.2022 | Das Projekt zur Gründung eines Medieninnovationsfonds, der aus Anteilen des Rundfunkbeitrags gespeist werden könnte, kann und darf nicht als die Idee einer Branchenlobby abgetan werden. Um dieser Gefahr zu entgehen, bedarf es des gründlichen Nachdenkens über eine geeignete Strategie. Dabei könnte ein Rück- oder Seitenblick auf Initiativen nützlich sein, die Reformprozesse im Bereich der öffentlich-rechtlichen Medien in Gang setzen wollten.

Weiterlesen Scheitern ist (leider) immer eine Option

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06.12.2022 | Telemedienkonzept für ardkultur.de

Der Begründung des Angebots in der Präambel – vor allem dem Hinweis auf die Gefahr, dass die Telemedienangebote „den Anschluss verlieren und in der Folge den Bedürfnissen der Gesellschaft nicht mehr gerecht werden (…) können“ – stimme ich zu. Allerdings mache ich für diese Gefahr nicht nur den engen gesetzlichen Rahmen, sondern auch die Strategien der öffentlich-rechtlichen Anstalten verantwortlich, die in ihren Plänen zeitlich und substanziell hinter den erkennbaren Entwicklungen auf den Medienmärkten und im Bereich der Mediennutzung zurückbleiben.

Weiterlesen Stellungnahme zum Telemedienkonzept ARD Kultur

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Eine Art Rondo

Marikke Heinz-Hoek: Last Rondo (1998), Kunsthalle Bremen [Screenshot]

03.05.2022 | Text für das Archiv der Kunsthalle Bremen

A. Ein Raum wird durch eine Projektion auf eine Wandfläche in eine rosafarbene Dämmerung getaucht. Präsentiert wird ein Video, das eine einzige Einstellung zeigt. Zu sehen ist ein Stück Garten mit einem Baum und einer rosa leuchtenden Fläche. Eine weibliche Figur strebt in tänzerischen Drehbewegungen auf den Baum zu, den sie dann mit den Armen umfasst. Ihr Kopf bleibt während der ganzen Einstellung abgewandt, das Gesicht ist nicht zu erkennen. Die Bewegung wird untermalt – oder angetrieben? – von einem Musikstück, einer Vokalise mit einer weiblichen Stimme und sanfter Gitarrenbegleitung. 

Weiterlesen Rosalyn

Berichte

21.01.2022 | Diskussion in der ›Lebenszeit‹ im Deutschlandfunk

Das vollständige Audio der Sendung (72 Min.)

Radio und Fernsehen im Wandel
Haben Massenmedien bald ausgedient?

Gäste:
Prof. Dr. Hermann Rotermund, Autor des Buches „Nach dem Rundfunk. Die Transformation eines Massenmediums zum Online-Medium“
Prof. Dr. Wiebke Loosen, Leibniz-Institut für Medienforschung/Hans-Bredow-Institut Hamburg
Am Mikrofon: Andreas Stopp 

Die Mediennutzung wird digitaler und mobiler. Das wirkt sich auch auf die herkömmlichen Massenmedien Radio und Fernsehen aus. Was einst sich „versendete“, ist heute digital langfristig abrufbar. Das ist zum einen bequem, bedeutet aber auch, dass das Exklusiverlebnis „Hören und Sehen in Echtzeit“ verloren geht. Der „Lagerfeuereffekt“, das gemeinsame Erleben vor dem einen Empfangsgerät, der öffentliche Marktplatz, auf dem eine Gesellschaft ihr Wissen teilte und Debatten führte – all das scheint Geschichte. Was bedeutet das für unser soziales und gesellschaftliches Zusammenleben? Wie reagieren die Öffentlich-Rechtlichen angesichts des Medienwandels? Gehen die klassischen Funktionen und der Sendeauftrag von ARD und ZDF (Information, Bildung, Unterhaltung) langsam verloren? Wird es Massenmedien in Zukunft überhaupt noch geben oder werden Medien immer kleiner werdende Zielgruppen anvisieren müssen? Bedeutet Medienwandel automatisch auch Atomisierung der Gesellschaft? Wie hat sich Ihr ganz persönlicher Medienkonsum in den letzten Jahren verändert? Was vermissen Sie? Was bereichert Sie? Bedauern Sie den Bedeutungsverlust des „alten“ Rundfunks?

[Infotext: DLF-Website]

Hinweise