[auch auf carta.info]

Das Gutachten der Datenethik-Kommission und einer seiner Autoren, Rolf Schwartmann, wollen Suchmaschinen und Kommunikationsplattformen unter das Rundfunkrecht stellen und zur Einführung einer zweiten, staatlich kontrollierten Auflistung von Inhalten verpflichten. Der geforderte Pflichtalgorithmus ist ein Angriff auf die Staatsfreiheit der Medien und die Informationsfreiheit der Bürger.

21.11.2019 | Die Datenethik-Kommission der Bundesregierung hat in einem ausführlichen Gutachten 75 Empfehlungen formuliert und begründet. Darunter befinden sich drei Empfehlungen zur Regulierung von algorithmischen Systemen bei Medienintermediären. Ein Medienintermediär ist – so sagt der Entwurf des künftigen Medienstaatsvertrags (bislang Rundfunkstaatsvertrag) der Bundesländer – „jedes Telemedium, das auch journalistisch-redaktionelle Angebote Dritter aggregiert, selektiert und allgemein zugänglich präsentiert, ohne diese zu einem Gesamtangebot zusammenzufassen“. Telemedien sind nach der Nomenklatur der Gesetzgeber inhaltebasierte Internet-Angebote, mit einer Sonderklasse, den „rundfunkähnlichen“ Telemedien (Audio und Video on demand). Medienintermediäre sind demnach zum Beispiel Facebook, Instagram, Twitter und TikTok, aber auch Google und der „Video-Sharing-Dienst“ Youtube. Die Tatsache, dass nur ein kleiner Teil (bei Facebook 2 bis 3 Prozent) der den Nutzern zugänglichen und von ihnen gewählten Inhalte journalistisch-redaktioneller Herkunft ist, spielt für die Regulierer dabei offenbar keine Rolle. Studien zeigen, dass sich ein zunehmender Teil der Bevölkerung über das Tagesgeschehen in sogenannten sozialen Medien informiert – ohne dabei allerdings zu differenzieren, ob die Information unmittelbar durch journalistisch-redaktionelle Anbieter auf diesen Plattformen erfolgt oder ein Nebenbei-Inhalt von privaten Kommunikationen ist.

Weiterlesen Vielfalt durch Gleichschaltung?

Kommentare

[Eingesandt an den ZDF-Fernsehrat zur Berücksichtigung bei der Beratung über das geänderte Konzept. Weitere Stellungnahmen finden sich hier.]

21.10.2019 | Die Weiterentwicklung des ZDF-Telemedienangebots begrüße ich grundsätzlich. Das vorgelegte Konzept reagiert auf die im 22. Rundfunkänderungsstaatsvertrag erweiterten Möglichkeiten für Online-Angebote, schöpft diese jedoch keineswegs aus. Die Medienumgebung für massenmediale Angebote (Presse und Rundfunk) hat sich seit den letzten Drei-Stufen-Tests vor zehn Jahren dramatisch verändert. Fernsehunternehmen stehen vor der Aufgabe, ihre Prioriäten im Hinblick auf ihre Angebotsstruktur, ihre Arbeitsweise und ihr Management grundlegend zu verändern. Der frühere SWR-Intendant Boudgoust gab hierzu im Januar 2019 einen prägnant formulierten Hinweis: „Wir werden in fünf bis zehn Jahren das lineare Programm primär als Schaufenster nur noch nutzen für das, was dann non-linear abgerufen wird.“ (Stuttgarter Zeitung, 01.02.2019) Die Transformation eines Fernsehunternehmens zu einer Internet-Plattform mit linearer Option setzt ein verändertes Selbstverständnis voraus. Dieses – zumindest eine Ahnung davon – habe ich im geänderten Telemedienkonzept gesucht und nicht gefunden. 

Weiterlesen Stellungnahme zum ZDF-Telemedienkonzept

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Berichte

28.08.2019 | Abschlussvortrag im CAIS Bochum

Der Vortrag am Ende der CAIS-Fellowship weist vor allem darauf hin, wie weit der derzeitige Zustand bzw. die derzeit sichtbare strategische Planung von öffentlich-rechtlichen Rundfunkunternehmen davon entfernt ist, den Medienwandel zu verstehen und eine aktive Rolle in ihm zu spielen.

Der Vortrag wurde nicht durch den Rundfunk, sondern in den (Westdeutschen) Rundfunk live übertragen. Skype lieferte einen Rückkanal.

Im Vortrag wird eine wichtige strategische Orientierung der ARD aus dem Jahr 2007 wieder aufgegriffen, die kurz nach ihrer damaligen Veröffentlichung aus dem Internet verschwunden war. Sie hatte allerdings Spuren in Reaktionen bei Befürwortern und Gegnern hinterlassen. Eine Ahnung davon, wie vorausschauend das Strategiepapier war, gibt dieser Kommentar im SPIEGEL:

Auch wenn sich heutzutage niemand ernsthaft über die Grundversorgung der Bevölkerung mit Internetzugängen oder Handys sorgt, mühen sich ARD und ZDF nach Kräften den Begriff weiter zu biegen und zu dehnen, um künftig auch digitale Vertriebs- und Dienstleistungsformen einzuschließen.

Ein Bemühen darum, der Entwicklung ein wenig zuvorzukommen, ist heute bei den gemeinschaftsfinanzierten Unternehmen nicht mehr zu bemerken. Sie überlassen das bedeutende Feld des Datenmanagements kommerziellen Plattformen, bis hin zu der absurden Verweigerung von Nutzerkommunikation in den eigenen Apps, während sie um ARD- und ZDF-Inhalte herum in fremden Umgebungen (Instagram, Youtube) durchaus stattfindet.

Download des Vortrags als PDF (13 MB).

Berichte

31.07.2019 | Unveröffentlichter Artikel

Dieser Beitrag entstand aufgrund einer Anfrage der Media Perspektiven, deren Redaktion sich für den Themenbereich Medienwandel interessierte. Sie wollte eine Untersuchung der Veränderungen ökonomischer Strukturen und Antworten auf die Frage, welchen Einfluss die Digitalisierung und neue Anbieter auf die Disruption klassischer Medienmärkte haben. Diese Anforderungen erfüllt der Artikel nur zum Teil. Er ist keine empirische und auch keine medienökonomische Untersuchung, sondern behandelt die unterschiedlichen Entwicklungsdynamiken der digitalen Medien und des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Die Hinweise auf die im strategischen Management der Rundfunkunternehmen zu suchenden Defizite, die sich in der mangelnden Akzeptanz und Relevanz der öffentlich-rechtlichen digitalen Angebote niederschlagen, entsprechen nicht dem Stil der Beiträge in dieser ARD-nahen Zeitschrift, die deshalb auf die Publikation verzichtete.

Berichte

04.07.2019 | Ein Streitgespräch mit Leonhard Dobusch über eine demokratischere Rundfunkaufsicht. Veröffentlicht auf netzpolitik.org.

Berichte

[In unwesentlich gekürzter Form erschienen in der FAZ vom 08.05.2019]

30.05.2019 | Die zwölf deutschen Rundfunkanstalten werden von insgesamt 667 Frauen und Männern in Rundfunk- und Verwaltungsräten beaufsichtigt. Sie werden nicht gewählt, sondern von Verbänden und gesellschaftlichen Institutionen bzw. deren Vorständen entsandt. Die von ihnen repräsentierten unterschiedlichen Perspektiven und Lebenserfahrungen sollen sichern, dass das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks „die Vielfalt der in einer Gesellschaft verfügbaren Informationen, Erfahrungen, Werthaltungen und Verhaltensmuster“ abbildet. So formuliert es das 2014 ergangene ZDF-Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das Regeln für die Staatsferne der Organisation des Rundfunks festgelegt hat.

In den aktuellen Debatten um die Bestimmungen des nächsten Rundfunk- oder Medienstaatsvertrags bleiben die Rundfunkgremien unauffällig. Auch im Hinblick auf Strukturveränderungen, Modernisierungen und Sparmaßnahmen stützen sie eher die Wagenburg von ARD und ZDF, als dass sie durch eigene Ideen Orientierungen zu setzen versuchen. Die Rolle des an den Interessen der Allgemeinheit orientierten Gegenpols zu den Intendanten füllen sie in ihrer öffentlichen Präsentation nicht aus.

Weiterlesen Wir sollten die Rundfunkräte wählen

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24.01.2019 | Im März 2019 trete ich erneut eine Fellowship im Center for Advanced Internet Studies in Bochum an. Mein Forschungsthema in Kürze:

Transformation des Rundfunks

Das Projektziel ist die Bestandsaufnahme der aktuellen soziologischen, ökonomischen, juristischen und politischen Transformationskonzepte für den Rundfunk in Deutschland. Die Durchsetzung vernetzter Kommunikationsformen und ihre Integration der Massenmedien wird im Rundfunksektor meist nur im Register von Risiken (und Befürchtungen) abgehandelt. Durch Szenarienanalysen und Workshops mit Experten sollen die Chancen für Innovation und Transformation interdisziplinär ermittelt werden. Die Arbeitsergebnisse sollen für politische und unternehmerische Planungsprozesse zur Verfügung stehen. Mittel dazu sind neben der frühen Veröffentlichung aller Erkenntnisse die Vernetzung mit ähnlichen Projekten und die Planung weiterführender Veranstaltungen nach Projektende.

Berichte

23.10.2018 | Seit einigen Jahren, vor allem seit den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen von 2016, äußern auch in Deutschland Politiker, Journalisten und wissenschaftliche Beobachter Sorgen über Veränderungen der gesellschaftlichen Kommunikation. Die idealtypisch als gemeinschaftlich genutzte Sphäre des Austauschs von Meinungen beschriebene Öffentlichkeit scheint in voneinander abgeschottete Teile gespalten. In Artikeln, Büchern, Vorträgen und Konferenzen werden Gefahren für die Demokratie beschworen. Ein wesentlicher Beitrag zum Zustandekommen dieser Erscheinungen wird den Online-Medien zugeschrieben. Dabei gerät mitunter aus dem Blick, welche Effekte Medien nachweisbar auslösen können. Diesem Aspekt ist der Beitrag gewidmet, der als Vortrag am 9. Oktober 2018 vor dem Initiativkreis öffentlich-rechtlicher Rundfunk gehalten wurde.

Berichte

Stellungnahme zum Rundfunkbegriff im Entwurf des Medienstaatsvertrags

Auch auf carta.info

22.08.2018 | Die Rundfunkkommission der Länder hat einen Entwurf für einen neuen Rundfunkstaatsvertrag zur öffentlichen Diskussion gestellt. Im Hinblick auf den Rundfunkbegriff hält der Entwurf an der Fiktion der unbeschadeten Fortexistenz der alten Massenmedien fest. Bestimmend für die Abgrenzung der privilegierten Rundfunkmedien bleiben weiterhin technische und formale Kriterien, aus denen „rundfunkähnliche Telemedien“ konstruiert werden. Die folgende Stellungnahme fordert eine prinzipiell andere Sichtweise, in der die reale Medientwicklung berücksichtigt wird.

Weiterlesen Neuer Medienstaatsvertrag – alter Rundfunk

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